Archive for Januar 2017
30.1.17 Uhr
Januar 30, 201730.1.17 Wagenknecht
Januar 29, 201729.1.17 Marx
Januar 29, 2017DIE ZEIT bringt Karl Marx: „ER IST WIEDER DA“.
Wozu mir gleich ein paar Dinge einfallen:
– Im Gymnasium in Gmunden war natürlich keine Rede von Marx
es gab allerdings ein paar stadtbekannte Kommunisten
mit deren Anführer ich mir mal eine Diskussion lieferte
die damit endete, dass er sagte:
Lies erst mal Das Kapital – was ich dann auch tat
– im nationalökonomischen Abschnitt meines Jusstudiums
war Das Kapital dann ernsthaft zu studieren
Marx gilt dort als Geldtheoretiker in der Nachfolge
von David Ricardo, als „minor important Post-Ricardian“
eine der kleinen Ironien der Geschichte
– mein emotionaler Einstieg in den Marxismus begann dann
nicht mit Marx selbst sondern mit Friedrich Engels
dessen Werk „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“
mich berührte und den Sinn öffnete für Gesellschaftskritik
– kürzlich besuchte ich Friedrich Engels im Londoner Exil
in seinem großbürgerlichen Wohnsitz
in der eleganten Regent Park Road, NW1
wo wir eine Flasche Rheinischen Weins tranken.
Großartige Wohnung, Herr Engels, begann ich das Gespräch
ihr bewundernswerter Text
zur Lage der arbeitenden Klasse in England
bedurfte zum Gelingen natürlich eines gewissen Abstands
zu den engen, lichtlosen, rußschwarzen
und feuchten Hinterhöfen des Proletariats.
Engels sah mir da einen Moment scharf in die Augen
dann lachte er und antwortete: Raffinierter Hund!
Sagen etwas, das man für Ironie halten könnte
und in Wahrheit meinen sie es bitter ernst!
Marx wohnt übrigens ein Stück weiter unten
im etwas billigeren Teil des Viertels
in einem bescheidenen Haus übrigens
das er nach einer erfolgreichen Aktienspekulation erwerben konnte.
Nachmittags unternahmen die Herren dann
ihren üblichen Spaziergang auf den nahen Primrose Hill
wo jetzt auch meine Tochter wohnt
und von dem aus man eine gute Aussicht hat über die Stadt
– die „Diktatur des Proletariats“ war mir von Anfang an suspekt
weil ich sah, dass aus einer Diktatur des Proletariats
stets umgehend eine Diktatur von Proleten wurde
von Stalin über Mao bis Chavez&Manduro
meist mit mörderischen Folgen
– im letzten Sommer erfuhr ich ein zwiespältiges Kompliment
auf dem Traunsee: segle an einem Motorboot vorbei
erkenne darauf einen ehemaligen Schulkollegen
da ruft der schon rüber: Alfred! Dafür dass du der erste warst
der in der Klasse Karl Marx gelesen hat
segelst du jetzt eine ganz schön fette Yacht
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Karl Marx würde zu Donald Trump heute einfach sich selbst zitieren:
Schutzzölle schützen nicht die Arbeiter, sondern die Industriellen.
26.1.17 Lehrer
Januar 26, 2017Der Rechnungshof stellt gerade wieder in einem Bericht fest:
Lehrer würden ihre Fortbildungsveranstaltungen
„überwiegend während der regulären Unterrichtszeit“ besuchen,
nur 12% nach 18h oder gar in den Ferien.
Am liebsten gingen die Lehrer in den Monaten Oktober, November,
März und April auf Fortbildung, im Juli und August hingegen
gäbe es kaum Interesse. Angebotene „Sommerakademien“ mussten
„mangels Interesse“ abgesagt werden.
Der Rechnungshof empfiehlt deshalb „Maßnahmen für zu treffen“
für Schulen, deren Lehrpersonen
„kein zufriedenstellendes Fortbildungsverhalten aufweisen“.
Das würde ich auch empfehlen,
nur würd ich es weniger nett formulieren.
26.1.17 Eurofighter
Januar 26, 2017Die Süddeutsche berichtet heute über eine
horrende Steuernachzahlung des Airbus-Konzerns.
Ursache: hohe Geldsummen, die in Österreich „versickerten“
beim Kauf der Eurofighter durch die schwarzblaue Regierung.
Gespräche in der Milchbar des österr. Parlaments spielten eine Rolle
mit einem gewissen „Dr. Luessel“, womit wohl Schüssel gemeint ist.
Das Finanzamt konstatierte dubiose Zahlungen von 90 Millionen €,
die Staatsanwaltschaft München ermittelte wg. Korruption in Wien.
Indessen har Airbus mit dem Finanzamt
einen millionenschweren Vergleich geschlossen
– womit man dem Fluss der Gelder in Österreich
nicht mehr nachgehen muss.
Genauso hab ich mir das immer vorgestellt.
26.1.17 Miller
Januar 26, 2017Auf arte berührenden Film über Henry Miller gesehen
wenn auch mit zu spekulativem Titel: „Prophet der Lüste“.
Meine literarischen Helden sind heute zwar andere
aber als junger Mann habe ich ihn sehr gemocht …
Deshalb, falls wer lesen will
eine meiner Flaneurgeschichten aus Paris:
Sehe Henry Miller auf Sylvia Beachs Party
in ihrem Pariser Buchlanden „Shakespeare & Company“.
Es ist 1934 und sein „Tropic of Cancer“ ist gerade erschienen.
Ehefrau June ist aus New York gekommen
und Anais Nin ist da, bekannt in Paris für ihr rotes Tagebuch
das sie gern überall liegen lässt
seine Muse und Geliebte
die mit Jack Kahanes Obelisk Press den richtigen Verlag
für dieses Buch aufgetrieben hatte.
Nennen Sie mich Anais, sagt sie an der Bar, das spricht man Ana-ees
zu Henrys Tropic of Cancer habe ich das Vorwort geschrieben
ein geniales Werk voll wilder Ausgelassenheit
und von einer irren Fröhlichkeit
doch unter der Oberfläche
ein Ton von Bitterkeit …
die Demütigungen und Niederlagen
die Henry erlebt hat
die bei ihm aber nicht zu Enttäuschung oder Verzweiflung führten
sondern zu einem ekstatischen Lebenshunger.
Er borgt und bettelt sich durchs Leben
denkt nur bis zur nächsten Mahlzeit
habe ihm meine Schreibmaschine geborgt
Ich glaube, er ist mit seiner Frau hier, sage ich gewohnt taktvoll.
Ach, June, sagt sie
die schönste Frau die ich kenne
ihre brennenden dunkle Augen
ihr auffallend blasses Gesicht
von solcher Leidenschaft
dass ich glaubte, es müsste sich selbst verzehren
in ihrer Gegenwart verliert Henry seinen Glanz
sie allein hat Farbe, nur sie strahlt
ich bin verliebt in sie
meine Verehrung wird nur beeinträchtigt
durch ihre Art zu sprechen
sie ist immer nur mit ihrer Rolle beschäftigt
erfindet Dramen deren Mittelpunkt stets sie selbst ist
ich bin sicher, dass sie wirkliche Dramen auslöst
aber ihr Anteil daran bleibt Pose
sie lebt nur als Spiegelbild in den Augen anderer …
und Henry ist immer noch sexuell abhängig von ihr
täglich führen sie endlose Dispute die sein Leben vergiften
seine Manuskripte gibt er jetzt vorsichtshalber mir zu Verwahrung
um sie vor June zu schützen.
Gut, dass sie an Henrys Genie glauben, Madame, sage ich.
Der Dichter steht indessen neben mir an der Bar
hält sich an einer Flasche Rotwein fest.
Gratuliere Mister Miller, sage ich
zur Veröffentlichung von Tropic of Cancer.
Danke, sagt er und nimmt einen kräftigen Schluck Wein
endlich werde ich als Schriftsteller wahrgenommen
vor wenigen Monaten noch, d a c h t e ich, ich wäre ein Künstler
jetzt denke ich nicht mehr darüber nach, ich b i n einer
plötzlich habe ich eine Menge neuer Freunde
aber leider immer noch kein Geld, haha
ich bin jetzt das zweite Jahr in Paris
wurde hierhergeschickt aus einem Grund den ich nicht kenne
ich habe keine Mittel, keine Zuflucht, keine Hoffnungen
und bin der glücklichste Mensch der Welt.
Man spürt das in ihren Texten, sage ich
Bin jetzt in die Villa Seurat gezogen, fährt er fort
dort gibt’s keinen Stuhl der nicht an seinen Platz steht
meine erste richtige Wohnung in Paris
eine Sackgasse voll mit Künstlerateliers
man hört es gerade von dort herüberdröhnen, hören Sie?
Ja, man hörts, sage ich
dort ist wohl ihr schüchterner Freund Alfred Perles
wieder bei einer Orgie?
Haben Sie übrigens Proust und Joyce hier gesehen, fragt er
ich schreibe gerade über beide.
Anais hält das für vermessen, sage ich
von Ihnen als Schriftsteller allerdings hält sie viel.
Noch nie war ich mit einer so intelligenten Frau befreundet
wie mit Anais Nin, sagt Henry
wir treib … ähh … treffen einander beinahe täglich
und diskutieren unsere Manuskripte.
Habe gerade ihren Mann kennen gelernt
sage ich gewohnt taktvoll, gutaussehender Bursche.
Der weiß alles, sagt Miller, netter Kerl
aber er toleriert es; so hat er seine Ruhe
Anais wäre sonst viel zu anstrengend für ihn.
Ihre Ehefrau ist auch in der Stadt, provoziere ich weiter.
Ja, sagt er, und seit June da ist, komme ich nicht mehr zum Schreiben
ich liebe sie, sie ist eine Droge für mich
ihre Macht über mich ist groß; und destruktiv
aber bei Drogen fragt man nicht
ob sie einem schaden oder nicht.
Bin jedenfalls froh, dass June und Anais voneinander fasziniert sind
so kann ich doch noch manchmal in Ruhe schreiben …
Der schönen June ist indessen nicht verborgen geblieben
dass Henry und Anais sich mit mir unterhalten
schon steht sie an der Bar neben mir und sagt Hallo
glauben Sie nicht, was Henry über mich erzählt
und vor allem nicht, was er über mich schreibt.
im Wendekreis hat er ein völlig falsches Bild von mir gezeichnet
alles verzerrt, ich bin das nicht, sagt sie
er macht alles so abscheulich.
Anais hält viel von ihm, sage ich
zu provozieren macht mir heute Spaß.
Ach, Anais, sagt June
die tut so vornehm, aber es gibt keinen Mann im Raum
mit dem sie nicht geschlafen hätte.
Da ist Hugo, ihr Ehemann,
da ist Eduardo, ihr Cousin, der Ästhet
ja, auch mit Henry fickt sie
und sie verführt natürlich auch ihre Analytiker
dort ist Allendy, ihr letzter
der ist jetzt sauer, weil ihr neuer gerade gekommen ist …
Ah, Otto Rank, sage ich
Ja, sagt June, von dem schwärmt sie neuerdings.
Sie schreibt auch selbst recht gut, sagt man, provoziere ich weiter
Ja, sagt June schmallippig, und wie ich gesehen habe
schreibt sie meist vor einem Spiegel!
Aber sie ist großzügig, nicht nur zu Henry
sie schenkt mir ihr Parfum, Seidenstrümpfe, Schuhe …
mehr will ich nicht von ihr
ich nehme lieber Männer aus als Frauen
das Geld das sie Henry zusteckt, knöpft sie ihrem Mann ab …
Der ist ein netter Kerl, sage ich, anständig
vielleicht ein wenig langweilig für sie.
Anais behauptet ja, fährt sie fort
ich hätte sie auf den Geschmack gebracht am Leben
und meint damit wahrscheinlich: am Laster …
Auch Anais hat aufmerksam mein Gespräch mit June beobachtet.
Gefalle ich Ihnen übrigens, fragt sie später an der Bar
und nippt an ihrem Absinth.
Sie gefallen allen Männern hier, Madame, sage ich
und das ist es wohl auch, was sie anstreben
und worin Sie außerordentlich erfolgreich sind.
Mir ist klar, dass ich alle verführen will, sagt sie
haben mir schon meine Analytiker gesagt
ehe ich begonnen habe, ihre Analysen zu analysieren
in meinen Träumen schlafe ich mit allen …
Sie und June sind geniale Schauspielerinnen
das Posieren haben Sie gemeinsam, sage ich
nur ist das Ihre fundiert, beruht auf Talent, Geschmack, Bildung
und einem hohen Sprachvermögen.
Anais blüht auf.
Wenn nur die literarische Welt
das endlich auch zur Kenntnis nehmen würde, sagt sie
aber Sie haben recht
June ist als Schauspielerin mit allen Wasser gewaschen
und ich bin neugierig, begierig nach allem Neuen
ich will mich an Erfahrungen berauschen
ich gebe es zu:
deswegen habe ich mich zuerst dem Schriftsteller Miller hingegeben
erst dann dem Mann Henry
aber wir haben uns öfter geschrieben als geliebt
und nach dem Sex reden wir nur übers Schreiben
jetzt bin ich gesättigt von Koitus und Literatur
das alltägliche Leben interessiert mich nicht
ich suche nur die großen Momente.
Die Sie auch zu finden verstehen, Madame, sage ich
und worüber ich gern lesen würde
falls sie mal ihr Tagebuch bei mir vergessen würden …
24.1.17 Wahl
Januar 24, 201725.1.17 Zarathustra
Januar 24, 2017Um Spuren von Faust in seinem Zarathustra zu finden.
lese ich gerade Nietzsche wieder.
Weshalb uns hier ein nettes Zitat vergönnt sei
– das natürlich mit gebotener Entschiedenheit zurückzuweisen ist:
„Dass jedermann lesen lernen darf
verdirbt auf die Dauer nicht allein das Schreiben,
sondern auch das Denken.
Also sprach Zarathustra“.
24.1.17 Bots
Januar 24, 2017„Fake-News“ verbieten zu wollen ist falsch und außerdem sinnlos.
Man kann es sich ersparen, einer bestimmten Klientel
die das gar nicht wissen will
erklären zu wollen was wahr und was gelogen ist.
Zu untersagen sind aber sog. „Social Bots“.
Es erfüllt aber per se die Tatbestandsmerkmale gewöhnlichen Betrugs
mit Hilfe von Meinungsrobotern etwas vortäuschen zu wollen.
22.1.17 Studieren
Januar 22, 2017Im Cafe fragt mich wieder mal jemand
warum ich – wie ein Student –
in einem Buch lesend darin Zeilen anstreiche
Randnotizen mache
und Anmerkungen notiere.
Antworte wie immer mit Mephisto:
Bemooster Herr! Auch ein gelehrter Mann
studiert so fort / weil er nicht anders kann