Archive for Juni 2020

1.7.20 Sailing Poetry

Juni 30, 2020

Nachdem ich das Manuskript zu meinem Faust III,

„Faustina die Erbin“, dem Verlag Ende Mai

vereinbarungsgemäß geliefert habe

(mein Faust I und II, „Doktor Faustus in London.

Banker, Oligarch“ ist 2017 schon erschienen)

bin ich entschlossen, als nächstes Buch

„Sailing Poetry. Ein Flaneur an europäischen Küsten“

fertig zu stellen,

ein Thema zu dem ich bereits seit 4 Jahren

eine Kolumne für das Yachtmagazin „Ocean7“ schreibe.

Zugegeben: es geht um ähnliche Themen wie in meinem Europabuch

„Flaneurgeschichten aus der imaginären Metropole Europas“

(Wien, 2019) ist sozusagen die maritime Version davon

aber schließlich ist das Mittelmeer die „Wiege Europas“

und, wie James Joyce einmal

im Caffè degli Specchi in Triest sagte:

Jeder Schriftsteller schreibt nur einen Roman im Leben

auch wenn er mehrere schreibt –

es ist immer wieder der gleiche.

Und wer bin ich schon, James Joyce zu falsifizieren …

 

29.6.20 Zafòn

Juni 29, 2020

Lese Carlos Ruiz Zafòn, Der Schatten des Windes.

Muss zugeben, erst sein Tod und das dem folgende Lob

durch viele Leser hier, hat mich bewogen, ihn zu lesen.

Doch jetzt bin ich schon auf den ersten Seiten (von 570) berührt

lese „Willkommen im Friedhof der vergessenen Bücher!“

ein alter Palast, mit Galerien, Marmortreppen, Sälen, Gängen

voll überquellender Bücherregale, eine gigantische Bibliothek

von undurchschaubarer Geometrie …“

„Jedes Buch hat eine Seele

die Seele dessen, der es geschrieben hat

und die Seele derer, die es gelesen haben …

Hier leben die Bücher für immer

an die sich niemand mehr erinnert …

Bücher, die sich in der Zeit verloren haben …“

Wieder ein Buch jedenfalls, bei dem ich meine Narrenfreiheit

im Cafè Hawelka nutze:

beim Lesen manchmal Tränen der Rührung zu vergießen

dann wieder laut aufzulachen …

Kann durchaus sein, dass ich,

wenn ich mit den 570 Seiten durch bin,

noch einmal darauf zurück komme.

28.6.20 sozial

Juni 28, 2020

Halte es für an der Zeit, einmal den blinden Hass anzugreifen

von dem manche Figuren hier getrieben sind

gegen alles, was irgendwie das Wort „sozial“ in sich trägt.

Hass, der einhergeht mit der intellektuellen Unfähigkeit

und auch Unwilligkeit, zu differenzieren

etwa zwischen Marxismus, Kommunismus und Stalinismus

versus Sozialismus

oder gar zwischen Sozialismus und Sozialdemokratie.

Wer das geistig und bildungsmäßig nicht bewältigt

sollte in politics besser erst Nachhilfe nehmen.

Übrigens, eine weitere Variante: Ich bin kein Sozialist

aber ich habe ein ausgeprägtes soziales Gewissen.

Sei auch einigen andern hier empfohlen.

Oder, wie Karl Marx einst auf die Frage, ob er Marxist sei

geantwortet haben soll „No, I am marxian“.

 

27.6.20 Ausreden

Juni 27, 2020

Die – offensichtlichen – Ausreden des Minister Blümel

er könne sich an nichts erinnern

und er wisse nicht einmal, ob er einen LapTop besessen hätte

und die Reaktion des gewiss ganz unparteiischen

Ausschussvorsitzenden Sobotka darauf

erinnern mich an einen österreichischen Justizskandal

der Geschichtsschreibung noch gar nicht richtig bewusst:

Als einst einige Vorstände der BAWAG-PSK vor Gericht standen

wegen eines sog. „Bankskandals“

und das Söhnchen des korrupten Ex-BAWAG Chefs Walter Flöttl

Auskunft geben sollte über in der Karibik verschwundene

1,9 Milliarden Euro der Bank

die ihm von seinem Vater als Spielgeld gegeben worden waren

verantwortete sich dieser, er könne sich nicht erinnern

und leider seien seine Computer sämtlich abgestürzt.

Worauf die der ÖVP gefällige Richterin Bandion-Ortner

die den Schauprozess noch schnell vor einer Wahl aufgezogen hatte

von Juristenkollegen als „Erstinstanzlerin“ apostrophiert

die für ihre Gefälligkeit von der ÖVP später

mit dem Justizministerium belohnt wurde

nur sagte: „So ein Pech aber auch“

und jede weitere Nachforschung, etwa eine durchaus mögliche

Hausdurchsuchung bei Flöttl in New York unterließ.

Ironie der Geschichte: der intrigante Schüssel

der auf den Schauprozess hoffte

verlor dennoch die Wahl

was das schnelle Ende von SchwarzBlauOrange brachte

und Bandion-Ortner blieb die Fußnote – eines Justizskandals.

25.6.20 Bösendorfer

Juni 24, 2020

Wien – Welthauptstadt der Musik.
Kultur ist für diese Regierung offensichtlich Nebensache
– ein historischer Fehler!
Dazu eine case history aus meinem Leben:
Einst konnte ich, wie manche sagten, Bösendorfer retten
indem ich es in den einzigen sicheren Hafen segelte
der auf der Welt für diese exzellente Klaviermanufaktur
noch existierte, nämlich Yamaha.
Und das gelang, weil die Japaner Respekt hatten
vor Wien, als der „Welthauptstadt der Musik“
wie sie sagten und weil dessen für die Musiksparte
zuständiger Vorstand Hiroo Okabe
mir auf der Musikmesse NAMM in Los Angeles
bei einem Glas kalifornischen Rotweins
stolz von seiner Unterstützung der Wiener Philharmoniker
berichten konnte, die darin bestand
dass er ihnen die speziellen Instrumente baute
die sie für die Reproduktion ihres unvergleichlichen
„Wiener Klangs“ benötigten.
Das war der Moment, da ich mich in dieser internationalen
Ausschreibung, bei der sich über 100 Interessenten meldeten
von amerikanischen Fonds
bis zu chinesischen Klavierproduzenten
für Yamaha entschied, was zu realisieren
noch ein Jahr in Anspruch nahm.
Heute ginge das, dieser Regierung geschuldet
wohl anders aus.
Wien – Welthauptstadt der Musik.

23.6.20 „Asylantenvirus“

Juni 22, 2020

Wurde vom Landesgericht für Strafsachen informiert

dass FPÖ-Wien-Chef Nepp gegen mich

den Antrag auf Verurteilung nach § 7b Mediengesetz

eingebracht hat – eines Tweets wegen.

Dieser Antrag Nepps wurde vom Gericht zurück gewiesen

das Verfahren wurde eingestellt

die Kosten des Verfahrens hat Nepp selbst zu tragen.

 

Mein Tweet:

FPÖ-Chef Nepp in Wien entblödet sich nicht,

das SARS Cov.2-Virus als „Asylantenvirus“ zu bezeichnen

mit der Lüge, dass es von Asylanten „ausgehe“

weil in einem Asylantenquartier 22 Asylanten

und 4 Betreuer infiziert waren.

Nenne das eine nach §283 StGB strafrechtlich relevante Verhetzung „ausgehend“ von rechten Drecksäcken.

Quelle: https://wien.orf.at/stories/3047134/

 

Die von Nepp begehrte Urteilsveröffentlichung

habe ich hiermit gern erledigt.

Ob seine Wortschöpfung „Asylantenvirus“

eine üble Volksverhetzung ist

möge jeder sich selbst beantworten;

ob strafrechtlich relevant, werden die Gerichte entscheiden

denn auch für Nepp gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung!

Dazu Rechtsanwalt Prof. Dr. Zanger:

Die Aussage „man muss daher fast schon von einem Asylantenvirus sprechen“ sei von Nepp selbst in einer offiziellen Presseaussendung der FPÖ veröffentlicht worden und wer die Tat selbst zugibt verliert den Schutz nach § 7b Mediengesetz. Das Verbot der juristischen Bewertung einer Tat würde gegen Art.10 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen, weil damit jegliche juristische Diskussion zu verhindern wäre.

Raffinierte Argumentation aus dem Büro Zanger, finde ich.

Ist es übrigens nicht historische Tradition,

dass die rechtsradikalen Dumpfbacken

ihre Kritiker stets mit Justiz & Polizei einzuschüchtern versuchen?

Muss ich jetzt, wie vor mir schon Uwe Sailer

der seine Prozesse gegen Strache gewann

die Prozesse gegen Nepp gewinnen?

Werde allenfalls berichten.

 

20.6.20 Verachtung

Juni 20, 2020

Verachtet mir die Verachtung nicht!

Manchmal wird mir vorgeworfen

in politischen Diskussionen Verachtung auszudrücken.

Zu recht.

Verachtung ist eine legitime, menschliche Haltung

die einzuschränken kein Grund besteht

ich denke auch nicht daran, sie mir nehmen zu lassen

weder durch Fremd- noch durch Selbstzensur.

Ja, ich verachte die Rattenfänger in der Politik

samt ihren Helfershelfern, Vollstreckern und nützlichen Idioten.

Und ich werde Verachtung weiterhin widmungsgemäß anwenden

ohne dabei übertriebene Sparsamkeit an den Tag zu legen.

In der politischen Auseinandersetzung

kann Verachtung ein wirkungsvolles Mittel sein …

als Leuchtfeuer im Meer der Moral etwa.

Also verachtet mir die Verachtung nicht!

20.6.20 Hacker

Juni 19, 2020

In der heutigen Ausgabe der „Zeit“

ein Artikel über den Wiener Stadtrat Peter Hacker

den einige Dumpfgummis hier gern als „Proleten“ apostrophieren

– zufällig solche, die wahrscheinlich Sebastian Kurz

für einen Bildungsbürger halten.

Mir hingegen wird Hacker immer sympathischer:

einst ging er zur Gemeinde Wien

um sich ein Leben als Musiker leisten zu können

war Keyborder in einer Band und komponierte.

Sein politischer Ziehvater wird Helmut Zilk,

heute muss er, wie er sagt, viel Zeit investieren

„in die Abwehr von Unfug“

der meist von der türkisen Regierungspartei kommt

die im Wiener Wahlkampf punkten will.

„Es ist eine Sauerei, Wien zu bashen“ sagt er

„und eine ebensolche Sauerei

auf 2 Millionen Menschen herab zu spucken“

Seh ich auch so, Peter Hacker.

 

17.6.20 Hawking

Juni 17, 2020

Astrophysiker versichern, es gib wahrscheinlich
intelligentes Leben in unserer Galaxie,
nimmt man die Zahl sonnenähnlicher Sterne
mit erdähnlichen Planeten
in bewohnbaren Temperaturzonen …
Dazu fällt mir eine kleiner Scherz Stephen Hawkings ein
in seinem letzten Buch Kurze Antworten auf große Fragen:
„Wenn es im All intelligentes Leben gibt,
wäre es dem auf der Erde ähnlich?“
„Gibt es denn intelligentes Leben auf der Erde?“

16.6.20 Bloomsday

Juni 16, 2020

  1. Juni. Bloomsday.

Wien, 16. Juni 2012

Bloomsday Feier in der Art Lounge des Cafè Korb.

Wurde um eine Rede gebeten

und halte einen Trinkspruch:

Lasst uns das Glas heben auf James Joyce

und auf Leopold Bloom

den Annoncenakquisiteur aus Dublin

und auf dessen jungen Freund

den angehenden Schriftsteller Stephen Daedalus

den Bloom heute Nacht noch mitnehmen will

zu seiner Frau Molly

die dann am Ende nur noch sagen wird

„ich will ja ich will“

– was übrigens nicht die letzten Worte im Ulysses sind

wie behauptet wird; diese sind genau genommen:

„Triest – Zürich – Paris“

wo er diese kleine Novelle geschrieben hat.

Vorher trifft man Bloom und Daedalus in einem Dubliner Bordell

beschrieben im Circe-Kapitel des Ulysses

wobei sie eine Flasche Absinth leeren

das „grünäugige Ungeheuer“ wie Joyce das Getränk nennt

und wo Bloom seinen Neigungen nachgeht

mit Bella, der Chefin des Hauses

seine belle dame sans merci

die gerade sagt: Haltet ihn unten Mädels

bis ich mich auf ihn gehockt habe

und die wie die Zauberin Circe die Männer in Schweine verwandelt

– wozu es allerdings gar keiner Zauberei bedürfte

für schöne Frauen.

Jim Joyce sitzt dort melancholisch in einer Ecke

spielt seine Gitarre, wird gefragt

warum er den Ulysses geschrieben hat

wie er ihn geschrieben hat und antwortet nur:

Damit die Herren Professoren dreihundert Jahre lang

forschen können, was alles ich damit gemeint haben könnte.

In Dublin, wo der Bloomsday heute

ein Feiertag ist wie der St. Patricks Day

der einzige Feiertag der Welt offenbar

der einem Roman gewidmet ist

und wo Joyce am 16. Juni 1905

ein Date hat mit der schönen Nora Barnacle

dem Zimmermädchen aus Finns Hotel

an dem Tag habe sie ihn, wie sie später erzählen wird

zum Mann gemacht.

In Dublin also, beim legendären Bloomsday Rundgang

nach Aufenthalten in etlichen Pubs

treffend genannt: Pub crawling

lautet eine der Stationen auch

„sich am Strand von Sandymount

unanständigen Dingen hingeben“

– eine reizende Szene aus Joycens Version

von der kleinen Liebesgeschichte der Königstochter Nausikaa

mit dem schiffbrüchig an Land gespülten Odysseus.

Und immer wenn ich mit meinem Boot in Triest anlege

wo Joyce als Englischlehrer für Berlitz arbeitet

und begonnen hat, am Ulysses zu schreiben

trinke ich mit ihm und seinem Freund Italo Svevo

einige Gläser im Caffe degli Specchi

auf der Piazza Unita d’Italia

bis Nora erscheint um ihren Joyce abzuholen

und uns rügt, dass wir ihn wieder zum Saufen verführten.

Und wenn Nora richtig verärgert ist sagt sie zu Joyce:

Morgen lass ich unsere Kinder taufen und überhaupt

manchmal denke ich… ja, manchmal denke ich

du wärst besser Sänger geworden als Schriftsteller …

Auf ihre Stimme also, hoch geschätzter Maestro Joyce!

(zit. aus Alfred Zellinger, Flaneurgeschichten aus der imaginären Metropole Europas, Wien 2019)